Dienstag, 12. Januar 2016

Wie mich meine Tochter einmal fünf Minuten lang für cool hielt


Mittlerweile hat sich unsere Tochter Sophie daran gewöhnt, dass ihr Vater öfter mal abends nicht zu Hause ist, weil er irgendwo fremden Leuten Blödsinn erzählt oder ihnen Songs vorspielt und sie dann hoffentlich klatschen.
Wenn ich jetzt nachmittags vor einem Auftritt mit Gitarre und Texten bewaffnet in ihrer Zimmertür stehe und mich mit einem „schönen Abend noch, Spätzchen, bis morgen“ verabschiede, dann erwidert sie nur „Viel Spaß Papi, bis morgen“, ohne von ihrem Buch aufzusehen, falls sie denn überhaupt schon zu Hause ist und mir nicht morgens beim Frühstück bereits „Viel Spaß heute Abend, Papi, bis morgen“, gewünscht hat, ohne von ihrem Müsli aufzusehen. 
Will sagen: Das Kind weiß bescheid.
Sie weiß, dass der Papi bei dem, was er da abends macht, viel Spaß hat und sogar Geld dafür bekommt.
Dieses Konzept war ihr nicht von Anfang an klar, wie folgender Dialog zeigt, den ich mit ihr hatte, als sie fünf Jahre alt war. 

Ich: „Sophie, der Papa ist heute Abend nicht zu Hause.“
Sophie: „Wo bist du denn?“
Ich: „Ich bin in Köln heute Abend.“
Sophie: „Und was machst du da?“
Ich: „Geld verdienen.“
Sophie: Was denn für Geld?“
Ich: „Na, das Geld von anderen Leuten.“
Woraufhin mich meine Tochter mit großen Augen fragte:
„Papa, sind wir etwa Räuber?“

Es ist wohl nicht wirklich verwunderlich, dass Raub für Kinder in diesem Alter noch die einzige Maßnahme zu sein scheint, mit der man an das Geld anderer Leute herankommt.
Was ich aber wirklich beachtlich fand war die Selbstverständlichkeit, mit der sie sich selbst in den Umstand, dass ihr Vater wohl ein Krimineller ist, einbezog.
Na gut, er ist Räuber, dann werde ich ja wohl auch einer sein. Irgendwer muss ja den Familienbetrieb später übernehmen.
So hörte sich das zumindest für mich an.
Als ich ihr dann erklärte, was ich genau mit meiner lapidaren Aussage meinte, schien sie geradezu enttäuscht zu sein.
Ich glaube, bei diesem Gespräch habe ich zum ersten Mal Coolnesspunkte bei ihr eingebüßt.
Leute unterhalten – langweilig, Leute ausrauben – cool!
Das mit der kindlichen Kriminellenromantik hat sich ja mittlerweile gelegt.
Und da sie ihren Vater jetzt auch schon öfter bei Auftritten begleitet hat, sieht mein Coolnesspunktekonto bei ihr wenigstens etwas besser aus.
Allerdings wollte ich dann jetzt doch noch mal googeln, warum man eigentlich immer ausgerechnet von einer „Familienbande“ spricht.


Der empfohlene Song su diesem Text:
"Take The Money And Run" - Steve Miller Band


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