Donnerstag, 18. Februar 2016

Jetzt neu: Mit 20% mehr Beschiss!



Neulich musste ich auf einer Verpackung wieder mal meine Lieblings-Lebensmittel-Lüge lesen.
„Jetzt mit verbesserter Rezeptur!“, stand da.
Mal ehrlich, wann hat je eine neue Rezeptur etwas besser gemacht ?
Glatt gelogen ist das.
Übersetzt müsste es eigentlich heißen:
„Wir haben endlich eine Methode gefunden, unser Zeug günstiger zu produzieren!“
Das wäre ehrlich.
Aber ehrlicherweise müsste man dann ja auch den Preis anpassen.
Das wird auch gemacht, allerdings nur wenn es heißt:
„Jetzt in neuer, verbesserter Verpackung!“
Die rechtfertigt dann einen 20%igen Preisaufschlag, den wir Gewohnheitstiere hinnehmen ohne zu merken, dass die neue Verpackung 15% weniger Inhalt bietet und daher nur für einen eine wirkliche Verbesserung bedeutet: den Hersteller.

 
Und obwohl immer mehr Menschen augenscheinlich ihr Bewusstsein für den großen Konsumschwindel entdecken, ändert sich nix. Warum? 
Vielleicht, weil in einer Gesellschaft, in der so viele für drei fressen, saufen und kaufen es nun mal nicht auffällt, wenn einige sich dem Beschiss entziehen.
Oder sind wir mittlerweile alle so verglobalisiert, dass uns die ganzen Zusammenhänge am dick gewordenen Allerwertesten vorbeigehen?  

"Ohne Geld gäbe es gar keine Armut" (Gerhard Polt)

Natürlich sind die Zeiten vorbei, in denen wir unser Essen jagen und unsere Kleidung selbst herstellen mussten. Durch die Industrialisierung blieb uns auch nichts anderes üblich, als das zu enden, was wir heute schon von Geburt an sind: Konsumenten.
Die Zeit, die wir heute dadurch sparen, dass alles nur noch einen Mausklick und ein bis zwei Werktage Lieferzeit entfernt ist, könnten wir ja auch darauf verwenden, uns über die Sachen zu informieren, über die wir so schnell und billig verfügen können. Machen wir aber nicht. Und wenn doch, dann nicht, weil wir den produzierenden Konzernen misstrauen.
Früher gab sich das Volk mit „Brot und Spiele“ zufrieden. Heute haben wir ein ganz anderes Bewusstsein. Wir wissen mittlerweile, dass Weizen dick macht und verzichten deshalb freiwillig auf das Brot.
Alle Informationen sind da draußen und warten darauf, in eine Argumentationskette gegen den totalen Konsum geflochten zu werden. Wenn man das denn will.
Es soll mir auch kein Primark-Kunde erzählen, er wüsste nicht, dass sein T-Shirt für 2,50 Euro mit Blut, Schweiß und Tränen genäht wurde – was natürlich, dank der chemischen Reinigung, alles wieder rausgegangen ist.
Das einzige, was einen noch wütender macht: das Schickimicki-Leibchen aus der Designer-Butze nebenan hat wahrscheinlich am gleichen Tisch in Bangladesh das Licht der Konsumwelt erblickt und geht dank Label für das fünfzigfache über den Ladentisch.
Das alles zu wissen ist heute kein Hexenwerk mehr, aber alles, was jeder einzelne von uns gegen diese Konsumgewalt tut, verkleinert natürlich auch die eigene Komfortzone.
Das Prinzip, welches sich scheinbar durchgesetzt hat lautet: Damit es einem selbst gut geht, muss es einem anderem schlecht gehen.
Oder, um es mit Gerhard Polt zu sagen: „Ohne Geld gäbe es gar keine Armut.“
Aber wie viel schlechter geht es uns, wenn wir ein paar Cent mehr für den sauber produzierten Liter Milch ausgeben oder ein paar Euro mehr für das T-Shirt von dem Hersteller, der nachweisen kann, dass seine Produktion fair läuft?
Und gesundheitlich würden wir sicher auch besser fahren, wenn wir auf einige industriell hergestellte Rezepturen verzichten – mögen sie noch so verbessert sein.


Song zum Thema (eigentlich zu fast jedem Thema, einschließlich amerikanischer Wahlkampf): Randy Newman - It´s Money That Matters

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen