Montag, 14. März 2016

Warum wir uns nach dem AfD-Erfolg auch an die eigene Clownsnase fassen müssen

Was ist da gestern bei den drei Landtagswahlen passiert? 
Viele Menschen haben "gegen Flüchtlinge" gewählt, darunter viele, die sonst nie zur Wahl gegangen sind. Und sicher haben viele davon noch nie mit auch nur einem Flüchtling persönlichen Kontakt gehabt.
Sie haben die AfD gewählt, damit es auch so bleibt. 
Sie haben eine Partei gewählt, die notfalls auf Flüchtlinge schießen lassen würde.
Das die Wähler mit ihrer Stimme auch gegen den Mindestlohn, für Kita-Gebühren und
längere Laufzeiten von Kernkraftwerken, gegen Klimaschutz und eine höhere Reichensteuer gestimmt haben ist scheinbar zweitrangig.
Jetzt müssen sich etablierte Parteien die Frage gefallen lassen, wieso man es nicht geschafft hat, diesen Menschen den Frust, die Angst und auch die Uninformiertheit zu nehmen. Warum hat man den Menschen nicht klar machen können, dass die AfD eben keine Alternative ist? Dafür hätte man sich direkt mir ihr Auseinandersetzen müssen. 
Das ist nicht passiert. Jetzt muss man sich mit ihr auseinandersetzten und zwar im Landtag und vielleicht ist das genau das, was passieren musste, damit selbstgefällige Politiker von Alt-Parteien endlich aufwachen.
Jetzt müssen sie jeden Tag direkt gegen das gestrige Programm der AfD arbeiten und ich persönlich finde es eigentlich nicht schlimm, wenn Politiker sich mehr anstrengen müssen um Politik machen zu können.

Aber genauso ist jeder einzelne von uns gefragt. Monatelang haben wir über jeden AfD und PEGIDA-Witz gelacht, der von den Satire-Sendungen in Fließbandarbeit rausgehauen wurde. Gagschreiber schoben wahrscheinlich Extraschichten und Ulk-Reporter wurden nach Dresden, Leipzig und sonstwo geschickt, um lustige Interviews zu führen – notfalls im Clownskostüm. Gelachte Demokratie - gut für die Quote, nutzlos in der Sache. 
Letztendlich trug es auch nur dazu bei, die Fronten noch zu verhärten.

Wie ein Priester, der in der Kirche missioniert

Viele von uns haben sich darüber die Schenkel wund geklopft und sich ansonsten genauso verhalten wie die Alt-Parteien. Jeder, der sich im digitalen Freundeskreis als Sympathisant des Rechtsrucks zu erkennen gab wurde entfernt – ohne große Diskussion. 
Anschließend wurden dann turnusmäßig Warnungen vor der AfD gepostet, geteilt und geliked. Das Video, in dem der AfD-Mann Wappler ohne Beweis von der Vergewaltigung eines Mädchens redet und damit komplett auffliegt zum Beispiel. Die Nachrichten über den geforderten Schießbefehl oder auch ganz einfach nur die eingangs erwähnten Programmpunkte. Alles mit großer Sorge und Ausdauer im eigenen, AfD-gesäuberten Freundeskreis geteilt. 
Das ist ungefähr so, als würde der Priester während des Gottesdienstes die Anwesenden missionieren wollen. 

So komisch es klingt, aber Schutzsuchende Menschen und AfD-Wähler haben zwei Gemeinsamkeiten. Erstens: Sie sind da, man kann sie nicht leugnen und wir müssen mit ihnen umgehen lernen. Sie verschwinden nicht, bloß weil wir sie nicht mehr sehen oder aus unserem Umfeld verbannen.
Und zweitens:
Keine der beiden Gruppen darf ausgegrenzt werden, weder im wahrsten Sinne des Wortes noch übertragen auf unseren Alltag. Denn genau so, wie sich die Parteien in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und vor allem in Sachsen-Anhalt jetzt im Landtag gegen die demokratieunfreundlichen Ideen der AfD behaupten müssen, sollte jeder einzelne von uns direkt Stellung gegen die Argumente der Protest -und Frustwähler beziehen – und das am besten nicht nur im Schutze des eigenen Netzwerkes.
Wir müssen uns selbst in die Pflicht nehmen und versuchen den Besorgten und Frustrierten zu erklären, was sie da wirklich wählen. Das wird nicht bei jedem funktionieren, schon klar.


Es ist aber das Mindeste, was jeder für uns für unsere Demokratie tun kann.

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