Was haben wir damals gelacht, als Karl Lagerfeld meinte: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“
Seitdem ist leider vielen von uns das
Lachen vergangen, weil immer mehr Leute immer öfter ihren Kontrollverlust gut
sichtbar in aller Öffentlichkeit zur Schau stellen.
Keine Supermarktkasse, keine öffentliche
Veranstaltung und auch kein Sonntagsspaziergang, ohne dass einem der
stoffgewordene Mittelfinger präsentiert wird, dieses modische Manifest der
Nachlässigkeit, das gleich die ganze Lebenseinstellung mitdefiniert.
Und das erstaunlicherweise von Männlein und
Weiblein. Die Relaxbuxe ist quasi ein
„Fuck-you“ mit Gummizug für alle, die sich
noch bemühen, einen Rest Zivilisation durch angemessene Kleidung
aufrechtzuerhalten.
Okay, zumindest wird die Detailansicht auf
den labberigen Couchbewohnerarsch durch den großzügigen Gesäßbeutelwurf
verhindert, aber das ist nur ein schwacher Trost und zeigt außerdem das ganze
Dilemma des Kleidungsstücks.
Niemand joggt in einer Jogginghose!
Leute gehen in ein Sportgeschäft und kaufen
sich dort eine Hose in der sie sich möglichst nicht bewegen wollen. Interessantes Konzept.
Die Jogginghose – ein Begriff, der somit noch
schlimmer in die Irre führt als ein räudiger Blindenhund.
Aber, wir haben uns scheinbar alle daran
gewöhnt. Es ist mittlerweile normal, dass man jemanden sieht, der zwischen 2
Staffeln von The Walking Dead mal
eben schnell im
Netflix-Uniform in den Supermarkt
huscht, und den Laden um den gesamten Chipsbestand erleichtert.
Bei soviel Ironie in der Hose ist es auch
kein Wunder, dass die Einstiegsgröße für das gewöhnliche Polyester-Faultier meist
nicht unter dreifach-XL liegt.
In kleineren Größen wird scheinbar erst
gar nicht produziert, denn das wäre an der Zielgruppe vorbei.
Wenn wir jetzt aber in die andere Richtung
schwenken und uns Leute ansehen, die tatsächlich Laufen und die entsprechende
Kleidung dazu tragen, dann ist das auf eine andere Art einfach nur verstörend.
Gute Sicht auf primäre Geschlechtsmerkmale
Eine Jogginghose käme für diese Leute natürlich
nie in Frage. Auf einen ausgemergelten Läuferbody passt nur die Professional
Bionic Energy Kompressionshose, ein Kleidungsstück, dass von weitem wie ein
gutes Bodypainting aussieht und von Nahem dann wie ein sehr schlechtes.
Dieses Beinkleid als „eng anliegend“ zu
bezeichnen, wäre genauso untertrieben wie die Aussage, es handele sich beim
Papst um einen „religiös-interessierten Menschen“.
Man möchte nicht wissen, wie viele Kalorien
bereits verbraucht sind, bis man es endlich geschafft hat, sich das Lauflatex
direkt auf die Beckenknochen zu ziehen.
Kein Wunder, dass Männer, die in solchen Hosen
laufen, immer rüberkommen wie Entführungsopfer, die sich gerade mit letzter Kraft aus einem SM-Keller gerettet
haben, wo sie drei Wochen bei Wasser und Brot gefangen gehalten wurden. Und
sogar der Gesichtsausdruck beim Laufen passt ja dazu.
Jeder Nutzer achtet übrigens darauf, dass
es sich bei seiner Rennpelle, auch um Multifunktionsbekleidung handelt.
Man fragt sich, welche zusätzlichen Funktionen
ein Stück Stoff haben kann, das enger als die eigene Haut sitzt und damit noch
nicht einmal die Sicht auf primäre Geschlechtsmerkmale verhindert.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Funktionen einen medizinischen Nutzen haben müssen.
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Funktionen einen medizinischen Nutzen haben müssen.
Als Frau spart man sich wahrscheinlich
einen Abstrich, wenn man die Hose nach der Laufeinheit direkt ins Labor
schicken lässt. Und beim Mann sorgt vielleicht die wohlige Akupressur und ein
günstiger Nahtverlauf dafür, dass die Lebenszeit der Prostata verlängert wird.
Das wäre Multifunktion, gegen die eine
Jogginghose nicht anstinken kann und bei der es Karl Lagerfeld wohl
ausnahmsweise mal die Sprache verschlüge.
Der Song zur Hose... Born to run vom BOSS, also, dem Musiker...
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