Dienstag, 26. April 2016

Viele Träger sind der Hose Tod


Was haben wir damals gelacht, als Karl Lagerfeld meinte: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“
Seitdem ist leider vielen von uns das Lachen vergangen, weil immer mehr Leute immer öfter ihren Kontrollverlust gut sichtbar in aller Öffentlichkeit zur Schau stellen.
Keine Supermarktkasse, keine öffentliche Veranstaltung und auch kein Sonntagsspaziergang, ohne dass einem der stoffgewordene Mittelfinger präsentiert wird, dieses modische Manifest der Nachlässigkeit, das gleich die ganze Lebenseinstellung mitdefiniert.
 
Und das erstaunlicherweise von Männlein und Weiblein. Die Relaxbuxe ist quasi ein
„Fuck-you“ mit Gummizug für alle, die sich noch bemühen, einen Rest Zivilisation durch angemessene Kleidung aufrechtzuerhalten.
Okay, zumindest wird die Detailansicht auf den labberigen Couchbewohnerarsch durch den großzügigen Gesäßbeutelwurf verhindert, aber das ist nur ein schwacher Trost und zeigt außerdem das ganze Dilemma des Kleidungsstücks.
Niemand joggt in einer Jogginghose!


Leute gehen in ein Sportgeschäft und kaufen sich dort eine Hose in der sie sich möglichst nicht bewegen wollen. Interessantes Konzept.
Die Jogginghose – ein Begriff, der somit noch schlimmer in die Irre führt als ein räudiger Blindenhund.
Aber, wir haben uns scheinbar alle daran gewöhnt. Es ist mittlerweile normal, dass man jemanden sieht, der zwischen 2 Staffeln von The Walking Dead mal eben schnell im
Netflix-Uniform in den Supermarkt huscht, und den Laden um den gesamten Chipsbestand erleichtert.
Bei soviel Ironie in der Hose ist es auch kein Wunder, dass die Einstiegsgröße für das gewöhnliche Polyester-Faultier meist nicht unter dreifach-XL liegt.
In kleineren Größen wird scheinbar erst gar nicht produziert, denn das wäre an der Zielgruppe vorbei.
Wenn wir jetzt aber in die andere Richtung schwenken und uns Leute ansehen, die tatsächlich Laufen und die entsprechende Kleidung dazu tragen, dann ist das auf eine andere Art einfach nur verstörend.

Gute Sicht auf primäre Geschlechtsmerkmale

Eine Jogginghose käme für diese Leute natürlich nie in Frage. Auf einen ausgemergelten Läuferbody passt nur die Professional Bionic Energy Kompressionshose, ein Kleidungsstück, dass von weitem wie ein gutes Bodypainting aussieht und von Nahem dann wie ein sehr schlechtes.
Dieses Beinkleid als „eng anliegend“ zu bezeichnen, wäre genauso untertrieben wie die Aussage, es handele sich beim Papst um einen „religiös-interessierten Menschen“.
Man möchte nicht wissen, wie viele Kalorien bereits verbraucht sind, bis man es endlich geschafft hat, sich das Lauflatex direkt auf die Beckenknochen zu ziehen. 
Kein Wunder, dass Männer, die in solchen Hosen laufen, immer rüberkommen wie Entführungsopfer, die sich  gerade mit letzter Kraft aus einem SM-Keller gerettet haben, wo sie drei Wochen bei Wasser und Brot gefangen gehalten wurden. Und sogar der Gesichtsausdruck beim Laufen passt ja dazu.

Jeder Nutzer achtet übrigens darauf, dass es sich bei seiner Rennpelle, auch um Multifunktionsbekleidung handelt.
Man fragt sich, welche zusätzlichen Funktionen ein Stück Stoff haben kann, das enger als die eigene Haut sitzt und damit noch nicht einmal die Sicht auf primäre Geschlechtsmerkmale verhindert. 
Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass die Funktionen einen medizinischen Nutzen haben müssen.
Als Frau spart man sich wahrscheinlich einen Abstrich, wenn man die Hose nach der Laufeinheit direkt ins Labor schicken lässt. Und beim Mann sorgt vielleicht die wohlige Akupressur und ein günstiger Nahtverlauf dafür, dass die Lebenszeit der Prostata verlängert wird.
Das wäre Multifunktion, gegen die eine Jogginghose nicht anstinken kann und bei der es Karl Lagerfeld wohl ausnahmsweise mal die Sprache verschlüge.

 Der Song zur Hose... Born to run vom BOSS, also, dem Musiker...



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